Die Grundlagen

Intention des Projektes ist die Entwicklung einer authentischen Gemeinschaft und das Forschen entlang der Frage, wie viel zeitliche Verbindlichkeit eine Lebensgemeinschaft braucht, um eine positive Energie und gute emotionale Nähe aufzubauen und aufrecht zu erhalten so wie es zum Beispiel in der Geschichte des alten Rabbi aus dem Buch „Gemeinschaftsbildung” von Scott Peck (www.gemeinschaftsbildung.com) beschrieben wird. Für das Gelingen eines Gemeinschaftsprojektes muss eine Gruppe ein ausreichend tragendes Gefäß bilden, welches die vielen teilweise schwierigen Themen halten kann, sodass die Gruppe nicht von unerledigten Prozessen überflutet wird, um dann entweder im Chaos auseinander zu fallen oder ins Pseudo bzw. in flachere Gefilde auszuweichen.

In einem Workshop bleiben die Teilnehmer für einen bestimmten Zeitraum zusammen, sodass die Prozesse ihren Raum haben und die Themen bis zu ihrer Auflösung oder zumindest einem guten Punkt bearbeitet werden können, eine Energietransformation erreicht werden kann. Ein ähnliches Grundprinzip gilt wahrscheinlich auch für eine Gemeinschaft, es muss auch hier ausreichend Zeit in den Gruppenprozess investiert werden um eine positive gemeinsame Energie aufzubauen. Viele schreckt die notwendige Verbindlichkeit und die zeitliche Beanspruchung ab. Aber wenn wir wirkliche Gemeinschaft (er)leben wollen, müssen wir einen gewissen (zeitlichen) Preis bezahlen, umsonst gibt es sie nicht (Siehe auch Interview mit Scott Peck). Für den Anfang muss man wahrscheinlich davon ausgehen, dass man sich 2-3 Abende pro Woche (Mo-Do) und jede 4 Monate ein Wochenende trifft (zum Beispiel im Rahmen eines gemeinschaftsbildenden Workshops). An den Wochenenden kann sich die Gruppe dann anschauen, ob das Maß an Verbindlichkeit/Freiheit noch stimmt oder geändert werden sollte.

Es ist gut sich Gedanken zu machen über die „Verfassung“ einer Gemeinschaft. Hat sie erstmal begonnen, ist es schwierig wegen dem Einstimmigkeitsprinzip etwas Grundlegendes zu verändern. Wie mal in der Gemeinschaft Siebenlinden gesagt wurde, wenn eine Gemeinschaft begonnen hat, ist der Zug losgefahren und es ist dann wegen dem Konsensprinzip schwer danach noch etwas Grundlegendes zu verändern. Damit die Wichtigkeit der Arbeit am Gemeinschaftsgeist/Energie nicht verloren geht, könnte man es so gestalten, dass wenn Einstimmigkeit herrscht, kann ein Abend ausfallen. Gibt es aber jemanden der den Abend gerne möchte, dann sollte er stattfinden. Kann man sich nicht auf eine Methode einigen, wird Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck gemacht. Auch ein Zuviel an Gemeinschaft, ein zu wenig Zeit für Individualität, Zweierbeziehung und Alleinsein, ist natürlich möglich. Dies birgt dann die Gefahr eines Abrutschens in Richtung Sekte, Guru und Ideologie. Ken Wilber hat in seinem Buch  „Eros, Kosmos, Logos” die richtige Balance zwischen Eingebundensein und Freiheit beschrieben. So führt jede Körperzelle ihr Eigenleben und ist gleichzeitig verbunden in das Gesamtsystem des Körpers. Im Moment gibt es in unserer Gesellschaft ein Zuviel an Individualität, ist das Eingebundensein in das Ganze aus der Balance geraten und die Umwelt und der Mensch leiden darunter. Es braucht mehr Gemeinschaft, ein tieferes Bezogensein aufeinander und auf das Ganze.

Zentrales Element unseres Projektes ist die Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck (group of all leaders), oft wird auch mit Redestab oder Zeitstruktur gearbeitet. Hier sprechen wir über das, was uns wirklich bewegt. Es geht auch darum, sich den eigenen Gefühlen zu stellen, „Ja“ zu sagen auch zu den schwierigen Gefühlen. Der Weg ist oft steinig, aber gerade auch das Fühlen, Annehmen und Aussprechen von schwierigen Gefühlen bringt Veränderung und Heilung. Die Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck ist Gruppenkommunikation ohne Leitung („group of all leaders”). Die Sprache ist etwas sehr Zentrales in unserem Leben, von daher ist es für eine Gruppe wichtig nicht nur im nonverbalen Bereich (Singen, Tanzen, Berührung) oder gemeinsamen Arbeiten, sondern auch mit Hilfe der Sprache regelmäßig in Gemeinschaft und ins gemeinsame Herz zu finden. Dabei spielen eine gewisse Kommunikationsentschleunigung (sodass man Zeit hat zum Fühlen und aus dem Kopf ins Gefühl kommen kann) und spontan entstehende Stille eine wichtige Rolle.

Scott Peck spricht in seinen Büchern viel von dem Narzissmus und dass es in tieferen Beziehungen vornehmlich der Zweierbeziehung darum geht, ihn abzubauen, man könnte auch sagen „abzuschleifen“. In der Gemeinschaftsbildung wird viel von der Verletzlichkeit gesprochen, dass man aussteigt aus dem Ego, der normalen selbstsicheren Rolle, die in unserer Gesellschaft üblich ist. Wirkliche Nähe entsteht, wenn man sich nackt und verletzlich zeigen kann, wenn man die Schutzschichten der Selbstsicherheit und des Narzissmus fallen lässt, den anderen energetisch wirklich zu sich hereinlassen kann. Das ist meist mit Unsicherheit verbunden, ist oft nicht so angenehm, nackt durchs Leben zu gehen. Aber es ist es wert immer wieder diesen Schritt zu tun, es ist der Weg in die Welt, die darauf wartet geboren zu werden, wie Scott Peck eines seiner Bücher genannt hat.   
Es gibt in der schamanischen Tradition den Weg des Kriegers, der darin besteht, ein pures Leben zu führen, möglichst auf jegliche Ablenkung (kleine und größeren Süchte, „die Trostpflaster”) zu verzichten (siehe auch den Text Abkürzungen auf dem Weg zur Erleuchtung“ von Samuel Widmer). Ähnliches gab es auch in anderen Kulturen, wie die japanischen Samurai oder die Ritter im Mittelalter. Um die körperlichen und mentalen Kräfte zu stärken, ist Disziplin wichtig. In früheren Zeiten war es entscheidend für die Ausbildung zum Kampf, aber es ging dabei auch um die persönliche Entwicklung und Wandlung. Die freie Zeit, die durch die Industrialisierung für die Menschen gewonnen wurde, wird meist zu viel für Konsum und zu wenig für die persönliche Entwicklung genutzt. Es ist nicht einfach, so ein Leben ohne „Knautschzone“ zu leben, die (schwierigen) Gefühle können intensiv sein und bedrohlich erscheinen. Aber dadurch gewinnen auch die angenehmen Gefühle an Stärke. Ein blühendes Leben in wirklicher Fülle erreicht man nur, wenn auch den Schattenseiten Raum gegeben wird. Auf diesem Weg kann eine Gemeinschaft durch das gegenseitige Unterstützen eine wichtige Rolle spielen, nicht nur für eine bessere Disziplin sondern auch für das nachhaltige Erfüllen der Bedürfnisse.
Im September 2010 wurde das Schloss Oberbrunn erworben (von einer GmbH und Co KG, die in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht werden soll), im Februar 2011 erfolgte der Einzug. Die erste Kerngruppe, die das Projekt gemeinsam geplant hatte (4 Erwachsene und 2 Kinder), ist schon vor diesem Termin auseinandergefallen. Der 2. Versuch hat schon etwas länger gehalten und dann ist langsam immer mehr entstanden. Zurzeit leben in dem Projekt 15 Erwachsene und 7 Kinder/Jugendliche.

Das Projekt besteht aus dem Schloss mit 24 Zimmern (die teilweise zu Wohnungen mit eigener Küche zusammengelegt sind), einer großen Gemeinschaftsküche, der Kapelle und einem Seminar- und Essraum. Fast alle Zimmer sind nach Süden mit Blick auf die Berge ausgerichtet. Vom Garten und der großen Terrasse im ersten Obergeschoss hat man einen herrlichen unverbaubaren Blick über die Landschaft und auf die Berge auch weil das Schloss auf einer Anhöhe liegt. Es gibt außerdem den Neubau/Nebengebäude mit 7 Zimmern und 4 Wohnungen. Durch das ca 16.000 qm große Grundstück mit vielen Apfelbäumen fließt ein kleiner Bach. Das Schloss liegt in einem Seengebiet, die Eggstätter Seenplatte, der Seeoner See und der Chiemsee liegen in kurzer Entfernung. Die Lage in dem kleinen Dorf Oberbrunn mit ca 200 Einwohnern ist sehr ruhig, es gibt keinen Durchgangsverkehr